Deklination der Hoffnung

Bildbetrachtung von Klaudia Weinreich, Diptychon, Acryl auf Leinwand, Maße: 2x 1,20m x 1,40m

Zu sehen ist auf dem querformatigen Diptychon eine ruhige Anordnung grüner Flächen. Diese sind vorwiegend rechteckig und überlagern sich wiederholt kreuzähnlich. Sie werden von weißen Flächen überdeckt oder schließlich im von den Betrachtenden aus gesehen rechten Teil des Diptychons nahezu aufgelöst.

Weitere im Diptychon befindliche Farben sind Orange, Weinrot und etwas Blau.

Vom Hintergrund her scheint durch die Oberfläche die Darstellung von geöffneten Handflächen im linken Teil des Diptychons und die Darstellung von Füßen im rechten Teil.

Die Hände liegen geöffnet hinter den verschiedenen Grüntötnen – sie können empfangende, sie können auch gebende Hände sein. Die nicht verdeckte Farbigkeit der Hände ist Orange, Gelb und Weiß. Orange, die Farbe der Energie, des Lebens und Gelb, in dem Werk der Malerin genutzt statt des traditionellen Goldes, steht für Göttlichkeit. Die Hände scheinen im Hintergrund aus der Farbe Weiß zu entspringen – die Farbe der Möglichkeiten, auch die Farbe dessen, was über das „Jetzt und Hier“ hinausweist.

Insbesondere die Darstellung der Füße gibt Rätsel auf. Sie scheinen nicht von dieser Welt zu sein, sich zwischen den Welten zu bewegen – zu schweben.

Die Füße haben keinen Bodenkontakt. Kein Gewicht zu tragen. Sie vermitteln den Eindruck von Leichtigkeit – engelsgleich. Ein Hauch von Körperlichkeit, mündend in der Transzendenz, überdeckt von einer zarten Hoffnung.

 

Die verschiedenen Grünabstufungen, die dominant das Bild bestimmen, können interpretiert werden als unterschiedliche Stadien der Hoffnung.

Ein dunkles Grün, etwas zurückgenommen in der Leuchtkraft, symbolisiert eine reife, gewachsene und ausgewogene Hoffnung.

Eine fast schon naiv anmutende Hoffnung, jung, stolz, ungebrochen leuchtkräftig könnte das Hellgrün sein.

Ein ins bräunlich gehender Grünton erinnert an eine zähe, der Verzweiflung widerstehende Hoffnung. Dies, weil die grüne Farbigkeit trotz aller anderen Farbeinflüsse – hier vor allem der Farbe Lila – erhalten bleibt, zwar nicht mehr leuchtend sondern gebrochen, aber dennoch der Palette der Grüntöne zuzuornden ist. So, wie eine Hoffnung, die immer wieder neu gefunden werden musste.

Dazwischen bricht hier und da etwas Weinrot oder Lila hervor – das wahrgenommene Leiden. Auch die Orangetöne sind wiederholt zu finden und bilden einen Kontrast zu der Farbe des Leidens: Orange, die Farbe des Lebens, der Energie, der Kraft, Freundlichkeit und Zugewandtheit.

Und immer wieder großzügige weiße Flächen: Die Potentialität, die Möglichkeit - das „Alles oder Nichts“. „Deklination der Hoffnung“ ist der malerische Ausdruck eines Lebens in Freiheit, durch den Glauben und die Hoffnung angebunden an einen uns zugewandten und unfassbar liebenden Schöpfergott.